Integration oder Assimilation?
In etlichen Ländern behindern sie die Integration sogar aktiv, wie etwa das niederländische System der Versäulung. Großbritannien und eine Reihe anderer europäischer Staaten finanzieren muslimische Schulen, ebenso wie ihre christlichen und jüdischen Pendants. Dies geschieht im Namen der Gleichberechtigung und spiegelt in gewissem Maße lediglich die geographische Konzentration von Einwanderergemeinschaften wider.
Wenn jedoch Assimilation das Ziel ist, sollte dieses Gefüge durch ein System von Gemeinschaftsschulen mit einem einheitlichen Lehrplan ersetzt werden. In den Niederlanden wäre der Plan kaum politisch machbar, doch genau solche Schritte wären nötig, wenn Regierungen die Integration ernst nehmen würden.
In Frankreich ist die Situation eine andere. Das dortige Modell der republikanischen Staatsangehörigkeit ist, wie in den Vereinigten Staaten, bekenntnishaft und gründet sich auf die revolutionären Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Durch das 1905 verabschiedete Gesetz der laïcité werden Kirche und Staat voneinander getrennt, was öffentlich finanzierte Konfessionsschulen wie die in Großbritannien und den Niederlanden unmöglich macht.
Freilich hat Frankreich drei andere Probleme.
- Erstens werden Einwanderer, unabhängig vom Wortlaut der Gesetze, durch verbreitete Diskriminierung benachteiligt.
- Zweitens kränkelt die französische Wirtschaft seit Jahren, und die Arbeitslosenquote ist doppelt so hoch wie etwa in Deutschland. Unter jungen Migranten erreicht die Arbeitslosigkeit 35 Prozent, verglichen mit 25 Prozent für die französische Jugend als Ganzes. Wichtig ist, dass Frankreich seinen Einwanderern die Integration erleichtert, indem es ihre Beschäftigungschancen und ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft erhöht, etwa durch die Liberalisierung des Arbeitsmarktes, um die sich Emmanuel Macron bemüht.
- Drittens wird die Vorstellung einer französischen nationalen Identität und Kultur als islamfeindlich angegriffen. Im heutigen Frankreich ist schon der Gedanke an eine Assimilation für viele Linke politisch nicht zu verkraften. Aber die Verteidigung des republikanischen Ideals der universalen Bürgerschaft sollte nicht Parteien wie dem Front National überlassen bleiben.
In den Vereinigten Staaten beginnt jegliche Integrationsplanung mit dem öffentlichen Schulwesen. Der Unterricht der Grundprinzipien des Staates ist seit Langem im Rückgang begriffen, nicht nur für Einwanderer, sondern auch für alle Schüler des Landes – ein Trend, der umgekehrt werden muss.
Wie in Europa wird die Integration auch in den USA durch politische Maßnahmen gebremst, etwa dadurch, dass man im Schulwesen von New York City ungefähr 13 Sprachen verwendet. Bi- und multilinguale Programme werden als Mittel für den rascheren Englischerwerb von Nichtmuttersprachlern vermarktet. Sie haben jedoch eine eigene Lobby entwickelt, nämlich die Bürokratie des Erziehungswesens, die ihre Vorrechte unabhängig vom tatsächlichen Spracherwerb verteidigt.
Die Assimilation von Einwanderern wird wahrscheinlich noch energischere Schritte erfordern. In den vergangenen Jahrzehnten haben Gerichtshöfe in den Vereinigten Staaten und anderen entwickelten Demokratien nach und nach den Unterschied zwischen Bürgern und Nichtbürgern verringert. Nichtbürger genießen viele juristische Rechte, etwa das auf ein ordentliches Gerichtsverfahren, das der freien Rede, der Vereinigung, der freien Religionsausübung, dazu das der Nutzung öffentlicher Dienste wie des Erziehungswesens.
Wie in Europa wird die Integration auch in den USA durch politische Maßnahmen gebremst [...].
Daneben haben Nichtbürger und Bürger gemeinsame Pflichten: Von beiden wird erwartet, dass sie den Gesetzen gehorchen und Steuern zahlen, wiewohl in den Vereinigten Staaten nur Bürger als Geschworene herangezogen werden dürfen.
Eine schärfere Trennung liegt bei Nichtbürgern ohne legale Aufenthaltsberechtigung vor, da diese abgeschoben werden können. Doch auch sie haben Anspruch auf ein ordentliches Verfahren. Die einzige bedeutende Befugnis, die allein durch die Staatsbürgerschaft vermittelt wird, ist das Wahlrecht. Außerdem können Bürger die Grenze ungehindert überschreiten und im Ausland gegebenenfalls auf die Hilfe ihrer Regierung zurückgreifen. So geringfügig diese Unterschiede sind, ist es doch wichtig, an ihnen festzuhalten.