Illustration: Zwei Hände (China und die EU) spinnen ein Netz.

Neue Pole in unsicheren Zeiten?

Die Wahl von Trump, Putins Intervention auf der Krim, Erdoğans Extremismus: Die Bedingungen für Europas Außenbeziehungen haben sich verändert. Die Frage, die sich stellt: Werden Europa und China engere Beziehungen pflegen? Voraussetzung sei, so die Autorin, ein koordinierteres Auftreten der Europäer.

Es gibt eine Reihe komplizierter geopolitischer Unsicherheiten, die in der Zukunft die Beziehungen zwischen China und Europa behindern könnten, und zwar auf unvorhersehbare Weise. Trotzdem hört man in öffentlichen und akademischen Debatten zur Zukunft der chinesisch-europäischen Beziehungen einen (vorsichtig) optimistischen Ton. Dies gilt besonders in China. Beispielsweise veröffentlichte Professor Wang Yiwei, ein Experte für internationale Beziehungen an der Renmin Universität in China am 31. Mai 2017 einen Kommentar auf Seite eins der „People’s Daily Overseas Edition“, einen Tag vor dem offiziellen Besuch von Chinas Premier Li Keqiang in Europa, der ein rosiges Bild der künftigen Beziehungen zwischen China und Europa zeichnete.

Er schrieb darüber, dass der globale Einfluss dieser Beziehungen in Zukunft stärker sein wird, da sowohl das „globale China“ als auch das „globale Europa“ zu wichtigen Polen im 21. Jahrhundert werden. Diesen Optimismus kann man teilweise als Nebenprodukt sehen von Chinas wachsender Selbstsicherheit in den auswärtigen Beziehungen im Allgemeinen und mit Europa im Besonderen. Zudem haben China und Europa die gleiche Schlussfolgerung gezogen: Sie brauchen mehr als je zuvor ein kooperatives und partnerschaftliches Verhältnis miteinander, um im Zeitalter von Trump mit den verschiedenen Unsicherheiten auf globaler Ebene umzugehen.

Sie haben auch das gemeinsame langfristige Ziel, eine wahrhaft multipolare Weltordnung herzustellen. Aus chinesischer Sicht hält man die Beziehung mit Europa für weniger schwierig als die Beziehungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Nachbarn Japan. Denn weder eine intensive geopolitische Rivalität (wie etwa zwischen China und den USA) noch die Last der Geschichte (die der Beziehung mit Japan schadet) sind Hindernisse in den aktuellen oder zukünftigen Beziehungen zwischen China und Europa. Diese sind relativ frei von Ballast und so kann man besser nach vorne schauen.

Aus Sicht Chinas ist dies nun tatsächlich die richtige Zeit, um die „strategische Partnerschaft“ mit der Europäischen Union zu stärken.

Dafür sprechen mindestens zwei triftige Gründe. Zum einen hat Präsident Xi Jinping gerade seine zweite Amtszeit, also weitere fünf Jahre (2017-2022) angetreten. Zum anderen wurde unter seiner Führung 2013 Chinas ehrgeizige „Belt and Road Initiative” (BRI) gestartet und ist nun voll im Gang – in Eurasien und in den Nachbargebieten.

China und Europa haben die gleiche Schlussfolgerung gezogen: Sie brauchen mehr als je zuvor ein kooperatives und partnerschaftliches Verhältnis miteinander, um im Zeitalter von Trump mit den verschiedenen Unsicherheiten auf globaler Ebene umzugehen.

Die „strategische Partnerschaft“ zwischen China und der EU begann offiziell im Jahr 2003. Seitdem hat es in den Beziehungen zwischen China und der EU Höhen und Tiefen gegeben. Es kam zu Auseinandersetzungen, die man in einer Partnerschaft zwischen der größten Gruppe entwickelter liberal-demokratischer Länder und dem größten sich entwickelnden autoritären Land als unvermeidlich betrachten könnte. Diese Auseinandersetzungen haben teilweise mit dem Handel zu tun und teilweise mit verschiedenen Auslegungen grundlegender Menschenrechte und zentraler politischer Werte. Einige dieser Auseinandersetzungen, vor allem jene, die sich auf den Handel bezogen, sind beigelegt worden; andere, vor allem jene, die politische Werte und Ideologien betreffen, werden wahrscheinlich in absehbarer Zukunft nicht beendet werden. In diesem Zusammenhang stellt sich nun die Frage: Wohin entwickeln sich die Beziehungen zwischen China und Europa in den nächsten fünf Jahren?

Seit 2014 haben chinesische politische Akteure und Wissenschaftler offen dazu aufgerufen, die mehrdimensionale Beziehung zwischen den beiden zentralen Zivilisationen, die China und Europa darstellen, zu stärken.

Laut einer neuen, von Martin Jacques, einem Chinaexperten in Großbritannien, inspirierten Sichtweise einiger chinesischer Wissenschaftler hat es China verdient, als „zivilisierter Staat“ behandelt zu werden, dem es wie auch Europa gelungen ist, mit einer fortlaufenden / ununterbrochenen Zivilisation zu überleben.

Um die chinesische Zivilisation neu zu beleben, hat China in den letzten Jahren der relativ unterentwickelten kulturellen Dimension der Beziehungen zwischen China und der EU, die den langfristigen außenpolitischen Prioritäten des Lands dient, mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

Plakate chinesischer Filme.
Plakate chinesischer Filme auf der 12. Bejing Cultural and Creative Industry - Messe in Peking, China am 11. September 2017, Foto: How Hwee Young / EPA-EFE via picure alliance

Darüber hinaus ist China unter der Führung von Xi nicht mehr schüchtern, wenn es darum geht, die eigenen Ambitionen hinter den neuen Zielen zu offenbaren, mit Betonung auf einer weit gefassten Kultur.

Obwohl sich das Konzept der „Kultur“ bekanntermaßen schwer definieren lässt, im Gegensatz zu dem der „Ideologie“, mit der sie verwandt ist, hat sie keinen negativen Beigeschmack, insbesondere in den liberalen demokratischen Ländern. Trotz des rhetorischen Gebrauchs der Kultur in öffentlichen Diskursen und Mediendebatten zeigt Chinas neuer Hang dazu, den kulturellen Austausch mit der Außenwelt zu stärken, insbesondere mit europäischen Ländern, dass die sich entfaltende chinesische Gesellschaft bereit ist zu interkulturellen Dialogen mit „verschiedenen Anderen“ statt sich selbst zu isolieren oder einen neuen ideologischen Krieg zu starten.

Dieser Wandel ist zweifellos eine positive Geste der zweitgrößten Wirtschaft der Welt gegenüber den anderen und speziell gegenüber Europa. Derweil passt Chinas Bemühung, die kulturellen Beziehungen mit europäischen Ländern zu stärken, gut zum langjährigen Plan der EU, Multipolarität und Multikulturalismus, sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas zu fördern. In dieser Hinsicht ist dies auch der richtige Moment für EU-Mitgliedstaaten, ihre Beziehungen mit China gemeinsam neu zu betrachten, inklusive ihrer kulturellen Beziehungen. Sowohl China als auch Europa haben sich im letzten Jahrzehnt entscheidend verändert und ihr Einfluss auf den Umgang mit zentralen globalen und regionalen Themen wie Klimawandel und globaler wirtschaftlicher Integration hat sich vergrößert. Somit signalisiert, vereinfacht gesagt, die Betonung der Kultur in Chinas auswärtigen Beziehungen die Bereitschaft des Landes, ungeachtet seiner wachsenden wirtschaftlichen, politischen und militärischen Macht, eine langfristige gutwillige Entwicklung fortzuführen. Obendrein ist dies eine bezeichnende Entwicklung für ein Land, das noch vor nicht allzu langer Zeit zuließ, dass die Ziele für die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts jede andere Initiative, die keine unmittelbaren wirtschaftlichen Erträge einbrachte, überschattete.

Auf die stärkere Betonung der Kultur [...] wird bereits auf der innenpolitischen Ebene agiert durch den Vorstoß, das Wachstum der nationalen Kultur- und Kreativindustrien zu fördern. 

Trotzdem schmälert die stärkere Betonung der Kultur nicht die Bedeutung von Handel und Kommerz in Chinas Beziehungen mit europäischen Ländern. Ganz im Gegenteil: Außenhandel und Investitionen im Ausland bleiben so wichtig wie sie in der jüngsten Vergangenheit waren, vor dem Hintergrund, dass Chinas Wirtschaft nachlässt und Wachstum notwendig ist, um die Arbeitslosenrate des Landes niedrig zu halten. Deshalb wird wahrscheinlich Chinas Bündelung der Kräfte dazu führen, die Rolle der Kultur als Vehikel für wirtschaftliches Wachstum in den kommenden Jahren zu betonen.

Auf die stärkere Betonung der Kultur in Chinas bestehendem Modell für Wirtschaftswachstum wird bereits auf der innenpolitischen Ebene agiert durch den Vorstoß, das Wachstum der nationalen Kultur- und Kreativindustrien zu fördern. Diesen auf Chinas auswärtige Beziehungen im BRI-Rahmen auszudehnen, ist wohl nicht nur möglich, sondern auch notwendig. Dies steht im Einklang mit Chinas mittel- bis langfristigem Plan, den boomenden Kultursektor zu einer tragenden Industrie innerhalb der nationalen Wirtschaft zu machen.

Tragende Industrie

Doch damit ist Chinas Plan für einen kulturellen Aufstieg noch nicht zu Ende. China nutzt „Kultur“ zunehmend als neues hegemoniales Werkzeug für seine globale Positionierung und Neu-Positionierung parallel zu der sich ständig verstärkenden wirtschaftlichen und Handels-Macht. Dies haben auch andere aufstrebende Mächte wie Indien getan, die erpicht darauf sind, in Bezug auf die Ausübung von Soft/Smart Power von der Erfahrung europäischer Länder zu lernen. Für China steht die Bedeutung der Kultur auch in Beziehung mit der Besorgnis angesichts des anhaltenden kulturellen Außenhandelsdefizits mit entwickelten Ländern und mit der nationalen kulturellen Sicherheit.

In anderen Worten: Die Bedeutung der Kultur für China ist auf der nationalen strategischen Politikebene angekommen.

In der Praxis sind eine Reihe chinesischer Kulturinitiativen seit den frühen 2000er Jahren weltweit unter dem Motto „Ins Ausland gehen“ gestartet worden, inklusive der Konfuzius-Institute (dem erfolgreichsten Projekt), mit dem Ziel, die chinesische Sprache, das Kulturerbe, traditionelle Artefakte und interkulturellen Dialog zu fördern.

Die meisten Kulturinitiativen erhalten weiterhin Gelder von der Regierung und sorgen dabei bisher für wenige oder keine wirtschaftlichen Erträge. Wenngleich diese Projekte zur Kulturdiplomatie und den Kulturbeziehungen innerhalb und außerhalb Chinas dafür kritisiert wurden, nicht kosteneffektiv zu sein, ist die chinesische Regierung entschlossen, diese kontinuierlich zu unterstützen, um die langfristigen außenpolitischen Ziele zu verfolgen und zugleich die Soft Power des Landes zu erweitern.

Die Konfuzius-Institute sind das erfolgreichste Projekt einer Reihe chinesischer Kulturinitiativen, Foto: Todd Bennett/Staff / ZUMAPRESS.com via picture alliance

Die Haltung der chinesischen Regierung in Hinblick auf ihr langfristiges Projekt Soft Power wurde im aktuellen nationalen Entwicklungsplan erneut bestätigt sowie auch in einer Reihe neuerer politischer Dokumente zur Reform der Medien, der Kultur- und Kreativindustrien. Kultur wurde also zu einer Säule in Chinas wachsender Soft oder Smart Power gemacht, nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis.

Trotz der politischen Unterstützung und der Ressourcen, die seit 2009 zunehmend eingesetzt wurden, hat Chinas Soft-Power-Projekt auch seine Schwachstellen. Laut 2017 durchgeführten globalen Meinungsumfragen des Pew Research Centre und auch des BBC World Service wird China in Europa allgemein immer noch negativ wahrgenommen, mit der Ausnahme von Griechenland, wo 50 Prozent der Befragten eine positive Sicht auf China hatten. Spanien (15 Prozent), Deutschland (20 Prozent) und Frankreich (35 Prozent) haben die negativsten Haltungen zu China in Europa, wie die Umfrage der BBC 2017 zeigte.

Dies ist aus chinesischer Sicht sicherlich besorgniserregend. Chinesische Wissenschaftler fanden sowohl „interne“ als auch „externe“ Gründe dafür, warum sich die Wahrnehmung Chinas in europäischen Ländern nicht verbessert.

Intern ist Chinas Imageproblem seinem international unbeliebten Kommunikationssystem geschuldet, das in der Hinsicht verbessert werden muss, wie man der Welt „eine gute Geschichte über China“ erzählt, um den medialen und kulturellen Einfluss des Landes im Ausland zu vergrößern. Eine Reihe staatlicher Medienorganisationen wie Xinhua News Agency, People’s Daily, China Central Television, China Daily und China Radio International haben die Gelegenheit genutzt, ihre Infrastruktur und Geschäftsaktivitäten in Europa und in anderen Teilen der Welt auszubauen. Sie haben auch damit angefangen, Talente vor Ort zu rekrutieren, inklusive altgedienter europäischer Journalisten.

Extern betrachten chinesische Wissenschaftler Chinas Versagen, „Herzen und Köpfe“ in Europa für sich einzunehmen, hauptsächlich als Folge der Tatsache, dass die Berichterstattung über China in den westlichen Medien über einen langen Zeitraum hinweg überwiegend negativ gewesen ist, vor allem aufgrund ideologischer Unterschiede. Dies wurde als wichtiger Grund gesehen für den Zusammenprall zwischen chinesischen Patrioten und globalen Zivilgesellschaften / nichtchinesischen Protestierenden während des Pekinger olympischen Fackellaufs 2008 in Europa. Seitdem versucht China, seine Soft Power in Europa zu stärken, insbesondere in Ländern, die für China von strategischer Bedeutung sind wie Großbritannien und Frankreich.

China wird in Europa allgemein immer noch negativ wahrgenommen, mit der Ausnahme von Griechenland, wo 50 Prozent der Befragten eine positive Sicht auf China hatten.

Doch Chinas Bemühungen um Soft Power waren auffällig, aber nicht sehr effektiv dabei, die negativen Wahrnehmungen Chinas in Europa zu verändern. Dies hat China dazu motiviert, andere Lösungen für dieses Problem zu suchen wie etwa den Einsatz von „Smart-Power“-Werkzeugen, indem kommerzielle Investitionen im Ausland mit interkulturellem Austausch verbunden werden. Nichtsdestotrotz ist es nun Teil eines langfristigen nationalen Entwicklungsplans, Chinas Soft Power in der Welt und speziell in Europa zu erweitern. Deren Bedeutung hat Xi erst vor Kurzem in seinem neuen Entwurf für den Aufbau des „Sozialismus mit chinesischen Merkmalen für ein neues Zeitalter“ wieder betont, den er in einer Grundsatzrede an alle Parteimitglieder im Oktober 2017 dargestellt hat. Xis Entwurf beschreibt einen zweistufigen Ansatz, um China zu einem großen modernen sozialistischen Land zu machen, das bis 2035 so von der Welt anerkannt wird.

Vogelperspektive von Universitätsstudenten, die an einem Tisch sitzen und zusammen arbeiten.
Der Kultur, insbesondere dem Kulturaustausch zwischen Menschen, wird in den nächsten Jahren wahrscheinlich eine noch größere Rolle in Chinas nationaler Wirtschaft und in seinen Außenbeziehungen eingeräumt werden, Foto: Benis Arapovic / Zoonar via picture alliance

Dies zeigt, dass der Kultur in den nächsten fünf Jahren und darüber hinaus wahrscheinlich eine sogar noch größere Rolle in Chinas nationaler Wirtschaft und in seinen Außenbeziehungen eingeräumt werden wird. Speziell in Bezug auf die EU werden wahrscheinlich mehr Ressourcen zugeteilt, um die kulturellen Beziehungen mit europäischen Ländern im Allgemeinen und den Kulturaustausch zwischen Menschen im Besonderen zu verbessern.

Staatliche Organisationen und Unternehmen sollen eine Hauptrolle dabei spielen, Chinas kulturellen Austausch mit der Außenwelt zu fördern. Mit mehr Unterstützung von der Regierung werden sie auch angeregt, federführend zu sein bei der Umsetzung eines „präziseren“ Kommunikationsansatzes, um die besonderen Bedürfnisse der Zielgruppe eines jeden Ziellandes / einer Zielgesellschaft / einer Zielcommunity zu erfüllen, wie vor Kurzem ein chinesischer Thinktank an der Communication University in Peking öffentlich gemacht hat.

Ob dieser neue Ansatz funktioniert und wie er in europäischen Ländern und anderswo eingesetzt wird, muss sich noch zeigen. Aber diese Botschaft soll darauf verweisen, dass China nicht nur darauf vorbereitet ist, mit der EU in ihrer Gesamtheit umzugehen, sondern auch willens, in künftigen Kulturprojekten mit jedem Mitgliedsstaat in Kontakt zu treten, indem eine individuell angepasste Herangehensweise gewählt wird.

Zumindest in den nächsten fünf Jahren werden sich Chinas Kulturbeziehungen mit der Außenwelt im Allgemeinen und mit Europa im Besonderen wahrscheinlich auf drei zentrale Felder konzentrieren: Handel und Investition im Bereich Kultur, Kulturdiplomatie / Public Diplomacy und Kulturaustausch von Mensch zu Mensch.

Die Zunahme von Chinas ausländischem Handel und Investitionen im Bereich Kultur führt vielleicht zu einer allmählichen Öffnung des chinesischen Markts, der jedoch stark reguliert bleiben wird. Kulturdiplomatie / Public Diplomacy und Kulturaustausch von Mensch zu Mensch überschneiden sich in der Praxis. Dieses gemischte Vorgehen wird wahrscheinlich in der nahen Zukunft beibehalten werden, da die aktuelle Regierung dazu tendiert, die Kontrolle über Chinas kulturelle Aktivitäten zu zentralisieren, sowohl intern als auch extern.

Mehr Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und nicht staatlich finanzierte Institutionen werden wohl in die drei Felder eingebunden werden, aber ihre Aktivitäten in China bleiben strenger Regulierung und Supervision unterworfen. Letzten Endes sollen Chinas auswärtige Kulturbeziehungen die folgenden Zwecke erfüllen: den kulturellen Einfluss des Landes zur Unterstützung außenpolitischer Prioritäten erhöhen; die boomenden Kultur- und Kreativindustrien anregen; Chinas Image im Ausland verbessern; kulturellen Austausch und interkulturellen Dialog von Mensch zu Mensch ermöglichen.

Staatliche Organisationen und Unternehmen sollen eine Hauptrolle dabei spielen, Chinas kulturellen Austausch mit der Außenwelt zu fördern.

Die EU verfolgt vielleicht ähnliche Ziele mit ihren Kulturbeziehungen, wenn auch mit leicht unterschiedlichen gemeinsamen und nationalen außenpolitischen Prioritäten. Im Hinblick auf kulturellen Einfluss, Soft Power, Wahrnehmung im Ausland und den Beitrag der nationalen Kultur-/Kreativindustrien zum Bruttoinlandsprodukt liegen einige EU-Mitgliedstaaten weiterhin weit vor China. Aber China versucht, aufzuholen. Es ist auch bereit, in diesen Gebieten und darüber hinaus mehr von Europa zu lernen, auch wenn es jegliches vorgeformte europäische politische / wirtschaftliche Modell ablehnt. Was noch wichtiger ist: China ist dazu bereit, mit Europa in vielen Bereichen zusammenzuarbeiten, um ein besseres internationales Umfeld zu schaffen, das es China ermöglicht, seinen „Chinesischen Traum“ oder die „nationale Erneuerung“ zu verwirklichen.

Unter diesen Umständen sollte die EU es als Möglichkeit wahrnehmen oder sogar als dringende Angelegenheit, seine Beziehungen mit China sowohl kurz- als auch langfristig strategisch anzupassen. Dies bedeutet auch, dass Europäer, die sich kulturell und ethnisch voneinander unterscheiden, in ihren kollektiven und nationalen Beziehungen mit China vereinter und koordinierter sein sollten – trotz Krise der Eurozone, trotz Flüchtlingskrise, trotz Brexit. Sie müssen sich schnell bewegen, am besten bevor China herausarbeitet, wie es mit jedem europäischen Staat einzeln verhandelt. Eine koordinierte und effektive Herangehensweise an die künftigen Kulturbeziehungen mit China auszuarbeiten, heißt in vielerlei Hinsicht, den ersten obligatorischen Test für die Zukunft des europäischen Projekts und das Standing der EU in einer sich entwickelnden multipolaren Welt zu bestehen.

Über die Autorin
Xin Xin
Dozentin

Xin Xin ist Dozentin in Internationaler Kommunikation mit einem speziellen Schwerpunkt auf China an der University of Westminster in Großbritannien. Ihr erstes Buch „How the Market Is Changing China's News: The Case of Xinhua News Agency”(Lanham: Lexington) erschien im September 2012. In ihrem kommenden Buch geht es um Chinas Soft Power. Vor Beginn ihrer akademischen Karriere arbeitete Xin sieben Jahre als Journalistin am Hauptsitz von Xinhua in Peking und verbrachte ein Jahr (1999-2000) als Gastwissenschaftlerin am Staatlichen Puschkin-Institut der russischen Sprache in Moskau. 2006 erhielt sie ihren Doktor mit einer Arbeit über die Nachrichtenagentur Xinhua und Globalisierung und 2003 ihren Master in (internationalem) Journalismus, beides von Westminster. 1994 machte Xin in Peking ihren Bachelor in russischer Sprache und Literatur.

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