Boxerin beim Üben des Schlagens vor einer Wand.

Starke Mädchen, starke Community

Ob Konfliktlösung, Menschenrechte, Emanzipation oder Kampf gegen Rassismus – Sport kann in vielen Feldern eine positive Rolle spielen. Unsere Autorin ist Professorin und Boxerin und hat es sich zur Aufgabe gemacht, Mädchen aus sozial benachteiligten Verhältnissen zu stärken, und zwar mit Boxen.

Sportklubs sind Motoren des sozialen Engagements und der Integration von Migranten. In Deutschland zum Beispiel ist mehr als einer von drei Migranten Mitglied in einem Sportklub; dagegen engagieren sich nur 15 Prozent in Kultur-, Musik oder anderen Freizeitklubs. Und die Möglichkeiten für Mitgliedschaft sind noch nicht erschöpft, denn die Teilnahmeraten von Migranten liegen immer noch sichtbar unter den Raten der Menschen ohne Migrationshintergrund. Dies ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie Sport als Katalysator für sozialen Wandel dienen kann, insbesondere durch die zunehmende Beteiligung marginalisierter Gruppen in zivilgesellschaftlichen Organisationen. In vielen Ländern und auf verschiedenen institutionellen Ebenen nehmen Sport-für-Entwicklung-Projekte diese Herausforderung an.

Und ja, Sport entfaltet eine potenzielle Wirkung in Entwicklungsprojekten, für den Aufbau von Zivilgesellschaft und insbesondere in der Außenpolitik. Die Vereinten Nationen beschreiben Sport-für-Entwicklung-Projekte als „den absichtlichen Einsatz des Sports, körperlicher Aktivität und des Spiels, um spezifische Entwicklungs- und Friedensziele zu erreichen, insbesondere die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG).“ Während sicher viele dieser Ziele für nachhaltige Entwicklung durch zivilgesellschaftliche Sportverbände erreicht werden können, werde ich detaillierter eingehen auf die Ziele der hochwertigen Bildung (Ziel Nr. 4), Geschlechtergerechtigkeit (Nr. 5) und Verringerung von Ungleichheiten (Nr. 10) sowie Gesundheit (Nr. 3) und Frieden (Nr. 16) als weltweit akzeptierte Ziele.

Laut Weltbank meint Zivilgesellschaft „das weite Feld von Nichtregierungs- und Non-Profit-Organisationen, die im öffentlichen Leben präsent sind, die Interessen und Werte ihrer Mitglieder oder anderer zum Ausdruck bringen, basierend auf ethischen, kulturellen, politischen, wissenschaftlichen, religiösen oder philanthropischen Überlegungen.“ Nichtregierungs- und Non-Profit-Organisationen arbeiten daran, die Zivilgesellschaft auf verschiedenen Ebenen wachsen zu lassen und zu stärken.

Rad mit den SDG (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen.
Vor allem durch die zunehmende Beteiligung von marginalisierten Gruppen an zivilgesellschaftlichen Organisationen kann Sport als Katalysator für sozialen Wandel dienen, Foto: Robert B. Fishman via picture alliance

Zunächst einmal arbeiten sie auf der Graswurzelebene, was in Form von Aktivismus und Programmen vor Ort geschieht, die den Einzelnen direkt unterstützen. Die zweite Ebene ist die außenpolitische Ebene von Staaten wie Deutschland, inklusive Institutionen auf Bundesebene wie das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) oder die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sieht den Sport als Priorität der Entwicklungszusammenarbeit „eine, die wir weiterentwickeln wollen in Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Sport, in der Zivilgesellschaft, in der Wirtschaft und in der akademischen Welt und mit gewöhnlichen engagierten Menschen.“

Die dritte Ebene beinhaltet weltweite Programme der Vereinten Nationen wie etwa das Büro der Vereinten Nationen für Sport im Dienste von Entwicklung und Frieden (UNOSDP). Ich werde auf den Beitrag des Sports zur Zivilgesellschaft durch Sport-für Entwicklung-Programme eingehen, die ich im Laufe der letzten 20 Jahre aufgebaut habe, oder an denen ich als Beraterin beteiligt war.

Ein Dokument der GIZ erklärt, „den Sport als innovatives Instrument zu nutzen, um das Erreichen von Entwicklungszielen zu unterstützen: Wir fördern den Sport nicht, um bessere und erfolgreichere Sportler zu trainieren; vielmehr nutzen wir den Sport als Mittler, um entwicklungspolitische Ziele zu erreichen.“

Der entscheidende Unterschied zwischen Sportentwicklung und Sport für Entwicklung liegt im erwarteten Ergebnis. Sport-für-Entwicklung-Projekte nutzen den Sport als Mittel, um Entwicklungsziele wie die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Dagegen bedeutet Sportentwicklung die Entwicklung von Infrastruktur für den Sport, Organisationen und das Erreichen nationaler oder regionaler Sporterfolge.

Zwar steht das Boxen im Zentrum der Organisation, aber schon immer gehörten auch Elemente demokratischer Bildung, Entwicklung von Führungskompetenz wie auch Anleitung zu Gesundheit und Themen persönlicher Sicherheit zum Lehrplan.

Wir werden den Terminus Entwicklungsziele auf den Kontext Deutschland beziehen, obwohl auf Deutschland selbst kein Fokus der „Entwicklungsprogramme“ im herkömmlichen Sinne liegt. Sport-für Entwicklung-Projekte werden in Deutschland genutzt, um den sozialen Zusammenhalt und die Integration zu verbessern, in der letzten Zeit, was auch besonders wichtig ist, im Zusammenhang mit der sogenannten „Flüchtlingskrise“.

Meine Erfahrung damit, Sport für soziale oder politische Entwicklung zu nutzen, begann auf einer Graswurzelebene – als ich im Jahr 2001 Boxtraining für Frauen im Berliner Stadtteil Kreuzberg zusammen mit dem lokalen Sportklub Seitenwechsel e.V. auf die Beine stellte. Aus unserer Zusammenarbeit wurde später Boxgirls Berlin e.V. Es war der erste Boxklub dieser Art, mit einem weiblichen Vorstand, Trainerinnen und Sportlerinnen und er ist bis heute der größte Frauen-Boxklub Europas.

Zwar steht das Boxen im Zentrum der Organisation, aber schon immer gehörten auch Elemente demokratischer Bildung, Entwicklung von Führungskompetenz wie auch Anleitung zu Gesundheit und Themen persönlicher Sicherheit zum Lehrplan. Für den energischen Einsatz für Frauen als Führungspersönlichkeiten und organisationsbezogene Hilfe zur Selbsthilfe wurde Boxgirls e.V. mit dem Titel „Modellprojekt im Uno-Jahr des Sports und der Sporterziehung” ausgezeichnet, in der Kategorie soziale Integration und städtische Friedensbildung in Deutschland.

Mit seinen Box- und Führungs-Programmen zog Boxgirls Berlin e.V. nicht nur weiße, deutschsprachige Frauen an, sondern auch Mädchen und Frauen aus ethnischen Minderheiten und Migranten-Communitys in Berlin, Gruppen, die ansonsten in zivilgesellschaftlichen Organisationen stark unterrepräsentiert sind. Boxgirls ist also eine zivilgesellschaftliche Organisation, die vielen Menschen die ersten Möglichkeiten im Bereich Führung bietet. Im Falle von Boxgirls sind diese Menschen in ihrem Leben wahrscheinlich nie als potenzielle Führungspersönlichkeiten in Betracht gezogen worden.

Boxgirls South Africa NPC arbeitet mit einem ähnlichen Modell wie das Schwesterprojekt in Berlin. BGSA ist eine zivilgesellschaftliche Organisation, welche die Handlungsmacht von Mädchen in der Township Khayelitsha in einem Programm für Sport und Führung stärkt. Sie startete als lokale Graswurzelorganisation und konnte sich 2015 die finanzielle Unterstützung einer Schweizer Stiftung sichern, um Mädchen an 20 Schulen zu trainieren.

Räume schaffen für öffentliche Debatte

Im Boxgirls After-School Club erlernen Teilnehmerinnen nicht nur Selbstverteidigungs- und Präsentations-Fähigkeiten, sondern verbessern auch ihre akademischen Kompetenzen und vermehren ihr soziales Kapital.

Ndvile, eine 15-jährige Alumna des Boxgirls-Programms beschreibt die persönlichen Auswirkungen des Programms für sie selbst: „Boxgirls hat mir geholfen, mich mehr auf meine Arbeit für die Schule zu konzentrieren und die Bedeutung von Bildung zu erkennen... [Boxgirls] lehrt Selbstachtung und Verantwortung.“ Auf einer kollektiven Ebene trägt Boxgirls zum sozialem Wandel bei, da es sich in Debatten über den öffentlichen Raum und das öffentliche Wohl engagiert oder Themen wie geschlechtsspezifische Gewalt auf die nationale Agenda bringt. Öffentliche Veranstaltungen wie die Feier des Internationalen Frauentags am 8. März beteiligen nicht nur die Familien der Teilnehmerinnen und die größere Gemeinschaft auf vergnügliche und interaktive Weise, sondern schaffen auch einen Raum, in dem die Rechte von Frauen und Friedensbildung diskutiert werden können. Ein anderes prominentes Thema in den Communitys, in denen wir arbeiten, ist die Gesundheit von Müttern und Babys, die ebenfalls ein integraler Bestandteil der Ziele für nachhaltige Entwicklung ist.

Als zivilgesellschaftliche Organisation auf der Graswurzelebene sind das BGSA-Personal sowie Pädagogen aus der Peergroup selbst Mitglieder der Communitys, in denen sie arbeiten. Das vergrößert das soziale Kapital und baut stärkere Praxis-Netzwerke in diesen verarmten Gegenden auf.

Wir nutzten unser Wissen über Jugendengagement und Entwicklung, das wir in Sportklubs erworben haben, um Programme für die deutsche Schulumgebung ins Leben zu rufen. Soziale Ungerechtigkeiten im deutschen Bildungssystem zu überwinden, indem man die Aufmerksamkeit auf Schüler und Erzieher richtet, ist ein Fokus der Aktivitäten der CamP-Gruppe soziales Unternehmen gewesen. Unser Programm RespAct nutzt den Sport, um das Bewusstsein der Kinder für die Herausforderungen in ihrer Umgebung zu schärfen und für Gewaltprävention in Berlins ärmsten und am dichtesten besiedelten Teilen.

Unsere Teilnehmer erwerben Wissen über demokratische Prozesse auf der lokalen Ebene durch eine Reihe verschiedener Formate und sie erlernen die notwendigen Fähigkeiten, um aktive Mitglieder der Zivilgesellschaft zu werden. Hier fungiert Sport als ein Instrument, um Teams sowie Selbstvertrauen aufzubauen bei Kindern, die ansonsten stark marginalisiert sind aufgrund ihres sozioökonomischen Status und ihrer kulturellen Hintergründe.

In Schulentwicklungsprogrammen und Workshops trainieren wir auch Lehrer und Jugendarbeiter in kinderzentrierten und partizipativen Sportspielen, um die Lernumgebung des Klassenzimmers zu verbessern. Die gesellschaftliche Auswirkung unserer Arbeit messen wir sorgfältig durch Teilnehmerbefragungen, qualitative Interviews und Fokus-Gruppen, damit wir unsere pädagogischen Methoden kontinuierlich verbessern und unsere Wirkung auf der kommunalen Ebene unterstützen können.

Die neueste Initiative von CamP Group läuft mit den sogenannten „Willkommensklassen“, in denen junge Migranten, einschließlich vieler Flüchtlinge, über deutsche Sprache und Kultur lernen, bevor sie ins reguläre Bildungssystem eintreten. Unsere Sportprogramme JumpIn und RespAct für „Willkommensklassen“ fördern Integration und Austausch zwischen Sprachschülern und anderen Kindern in der Schule, um sprachliche und kulturelle Barrieren zu überwinden.

Sport und Bewegung eröffnen einen Weg, einen besseren sozialen Zusammenhalt zu erzielen und bessere Lernergebnisse für die am meisten herausgeforderten und herausfordernden jungen Menschen im Schulsystem.

Sport-für-Entwicklung-Methoden erweisen sich hier als entscheidend, wo es keine gemeinsame Sprache oder Kultur gibt; Sport und Bewegung eröffnen einen Weg, einen besseren sozialen Zusammenhalt zu erzielen und bessere Lernergebnisse für die am meisten herausgeforderten und herausfordernden jungen Menschen im Schulsystem.

Im Vergleich zu einer Graswurzel-Organisation wie Boxgirls, die neue junge Führungskräfte begleitet, bietet Camp Group gGmbH Training und Leadership-Entwicklung für Menschen, die bereits im Berufsleben stehen und in Bildungseinrichtungen und anderen Institutionen arbeiten.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung rief 2013 das Sektor-Programm „Sport für Entwicklung“ ins Leben, um innovative Herangehensweisen zu fördern, bei denen Sport für Entwicklung genutzt wird, und die dazu beitragen, die globalen Ziele in Bildung, Gesundheit und HIV-Prävention, Geschlechtergerechtigkeit, Gewaltprävention und Konfliktlösung, gute Regierungsführung, Inklusion und Umwelt zu erreichen. Ich habe als Beraterin für das Sektor-Programm „Sport für Entwicklung“ in Afghanistan gearbeitet, zusammen mit Personal aus dem Bildungsministerium in Afghanistan, um einen kulturell angemessenen, auf Kinder zugeschnittenen Sport-Lehrplan für Mädchen in der Schule zu entwickeln, der die Prinzipien, die bei erfolgreichen Sport-für-Entwicklung-Projekten angewendet werden, berücksichtigt. Die schulische Umgebung, ein geschlossenes Gymnasium, ist oftmals der einzige Ort für Mädchen, um zu spielen, zu rennen oder Sport zu treiben aufgrund des kulturellen Kontexts der Bescheidenheit und des öffentlichen Raums als männlichem Refugium. Indem es das Bildungsministerium in Afghanistan dabei unterstützt, weitere Unterrichtswerkzeuge für diese marginalisierte Zielgruppe zu entwickeln, fördert das BMZ Ziele der besseren Inklusion von Mädchen und Frauen in der Gesellschaft, ihr Recht auf Bildung und physische wie psychische Gesundheit, die, wie wir wissen, durch Schulsport-Programme unterstützt werden.

Andere GIZ Sektor-Programme „Sport für Entwicklung“ nutzen den Sport, um so vielfältige Themen wie Berufsausbildung, HIV-Prävention und Gewaltprävention voranzutreiben. Zukünftige Programme werden Programme für Flüchtlinge im Ausland unterstützen. Das Sektor-Programm „Sport für Entwicklung“ des BMZ und der GIZ arbeitet mit Regierungspartnern, um finanzielle Förderung und technische Unterstützung für Institutionen der Zivilgesellschaft oder der Regierung zur Verfügung zu stellen, um Entwicklungsziele durch Sport zu erreichen.

Es entwickelt also nicht wie Boxgirls Führungspersönlichkeiten oder trainiert schon aktive Führungspersönlichkeiten wie Camp Group, sondern es finanziert und bietet technische Expertise für andere Regierungen, um weiter Kapazitäten für ihre eigenen zivilgesellschaftlichen Organisationen zu erweitern und schließlich Entwicklungsherausforderungen zu meistern.

Mädchen des Projekts "Boxgirls" stehen am Freitag (23.04.2010) im Kanzleramt in Berlin.
Im Boxgirls After-School Club erlernen Teilnehmerinnen nicht nur Selbstverteidigungs- und Präsentations-Fähigkeiten, sondern verbessern auch ihre akademischen Kompetenzen und vermehren ihr soziales Kapital, Foto: Hannibal Hanschke / dpa via picture alliance

Für die Vereinten Nationen ist der Aufbau der Zivilgesellschaft durch Sport-für-Entwicklung-Projekte seit beinahe 15 Jahren eine Priorität, seitdem Resolution 58/5 der Vereinten Nationen 2003 verabschiedet wurde. Sie unterstreicht die Bedeutung von „Sport als Mittel, um Bildung, Gesundheit, Entwicklung und Frieden zu fördern“. Als eine politische Instanz auf der höchsten „globalen“ Ebene leitet das Büro der Vereinten Nationen für Sport im Dienste von Entwicklung und Frieden (UNOSDP) verschiedene Aktivitäten, zu denen die UNOSDP Youth Leadership Camps auf allen Kontinenten gehören, die soziales Bewusstsein und zivilgesellschaftliches Engagement verbessern.

In einem Uno-Dokument heißt es: „Die meisten dieser Jugendlichen haben nur sehr grundlegende Bildungsniveaus, begrenzte Ressourcen, um ihre Projekte durchzuführen und sie haben kein richtiges Forum, wo sie Best Practices lernen oder ihre eigenen Führungsfähigkeiten entwickeln können.“ Somit wurde die Idee eines „Youth Leadership Programme“ entwickelt, um solchen Jugendlichen zu helfen, indem man ihnen Zugang zu theoretischem und praktischem Training verschafft, das notwendig ist, um sowohl ihre Projekte wie auch ihre beruflichen Erfolge zu verbessern, und indem man sie unterstützt, wenn sie in ihre eigenen Communitys zurückkehren.

Das UNOSDP organisiert Jugendlager zum Thema Führung, um diesen Auftrag zu erfüllen. Es bringt Führungsfiguren der Zivilgesellschaft (Freiwillige, Leiter von Sportklubs, Trainer und Vorsitzende) in einem Geberland zusammen, um ihnen zu helfen, ihre Programme zu entwickeln und zu beschleunigen.

Die schulische Umgebung, ein geschlossenes Gymnasium, ist oftmals der einzige Ort für Mädchen, um zu spielen, zu rennen oder Sport zu treiben aufgrund des kulturellen Kontexts der Bescheidenheit und des öffentlichen Raums als männlichem Refugium.

Der amtierende Sonderberater des UNO-Generalsekretärs für Sport im Dienst von Entwicklung und Frieden, Wilfried Lemke, hat eine lange Geschichte in Sport und Politik. Bevor er in seine aktuelle Position im UNOSDP berufen wurde, war er Senator für Inneres und Sport sowie Senator für Bildung und Wissenschaft im deutschen Bundesland Bremen und fast zwei Jahrzehnte Manager des deutschen Bundesliga-Vereins Werder Bremen. Wegen seiner Karriere als deutscher Politiker ist Lemke mit den deutschen Zielen der Außenpolitik und dem rechtebasierten Ansatz vertraut.

Nicht nur die UNOSDP setzt die Macht von Sport für Entwicklung wirksam ein, um für die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu arbeiten. Auch andere im Uno-System nutzen den Sport: Unesco, UNAIDS und UN Women sind nur einige davon.

Sport fällt innerhalb der Organisationsstruktur der Vereinten Nationen in den Aufgabenbereich der Unesco. Darüber hinaus ist für Angelegenheiten, die Entwicklung durch Sport betreffen, das UNOSDP verantwortlich. Es agiert als Vermittler zwischen den Vereinten Nationen, ihren Mitgliedsstaaten, einzelnen (Sport-)Organisationen, der Zivilgesellschaft, dem privaten Sektor, der akademischen Welt und den Medien, wie es in einem BMZ-Dokument heißt.

Es wird deutlich, dass die Ziele für nachhaltige Entwicklung erfolgreich und effizient verfolgt werden können durch Sport-für-Entwicklung-Programme, die auf die individuelle und kommunale Ebene (Graswurzel-Organisationen), internationale Ebene (Programme des BMZ und der GIZ) und die supranationale globale Ebene (UNOSDP) abzielen, und sollten deshalb eine entscheidende Rolle bei der nationalen Außen- und Entwicklungspolitik spielen.

Sport-für-Entwicklung-Projekte zielen nicht einfach nur darauf ab, spezielle Entwicklungsziele zu erreichen, die in ihrer Konzeption und Planung beschrieben werden – sie schaffen auch, pflegen und vernetzen wichtige zivilgesellschaftliche Ökosysteme, welche die Resilienz von Gemeinschaften in einigen der unterprivilegiertesten, kriegsgeschundensten und unterentwickeltesten Communitys auf der Welt stärken.

Wir müssen nun die Sichtbarkeit dieser Projekte und ihre Wirkung vergrößern, um stärkere Netzwerke zu schaffen und uns über Best Practices auszutauschen. Erfolge sollen schnell und effizient in Communitys weltweit gemessen werden, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Dies hat bereits begonnen, indem die GIZ in Partnerschaft mit dem UNOSDP eine Führungsrolle übernommen hat bei der Auffindung und beim Austausch von Best Practices im Sport für die Entwicklung in Deutschland auf einer internationalen Ebene. Um das Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung zu unterstützen, muss dieser Prozess weitergehen und sich quer durch die Länder Europas und in der Welt ausdehnen.

Über die Autorin
Heather Cameron
Professorin für Social Entrepreneurship und Innovation

Heather Cameron ist eine britische Sozialwissenschaftlerin. Seit August 2016 ist sie Michael B Kaufman Professor für Social Entrepreneurship und Innovation an der Brown School der Washington University in St. Louis, Missouri. Von 2008 bis 2016 war sie Junior-Professorin für Integrationspädagogik an der Freien Universität Berlin und Professor Extraordinarius an der University of the Western Cape, Südafrika. Die von ihr gegründete Organisation „Boxgirls International“ ist mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem in Deutschland mit dem „Sonderpreis der Bundeskanzlerin“ bei dem Wettbewerb startsocial. Der Deutsche Hochschulverband ernannte sie 2010 zur „Hochschullehrer:in des Jahres“, da sie sich mit ihrem „beruflichen und außerberuflichen Engagement“ in „herausragender Weise um das Ansehen ihres Berufsstands in der Öffentlichkeit verdient gemacht“ hat.

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