Um diese Agenda einzuhalten, möchte China mit dem Westen zusammenarbeiten, etwa mit der Initiative 4.0 der deutschen Wirtschaft, aber der Westen hat diese politische Agenda mit Vorsicht wahrgenommen, da es sehr gut möglich ist, dass China den Westen in Schlüsselindustrien überholen wird.
Innenpolitisch ist die BRI ein deutlicher Bruch mit Deng Xiaopings alter Maxime „Halte dich zurück und warte ab”, womit er meinte, dass „China keinesfalls die Führung übernehmen sollte“. In den Augen Xi Jinpings ist China „reich und stark geworden“ und nun bereit dazu, die Führung zu übernehmen als „Schaffer von weltweitem Frieden, Beitragender zur Entwicklung globaler Governance und Bewahrer der internationalen Ordnung“. Xi Jinping bietet jedoch nicht an, die bestehende, von den USA dominierte, globale liberale Ordnung zu erneuern. Stattdessen schlägt er mit der BRI ein alternatives Entwicklungsmodell vor, welches das Potenzial hat, die Plattform eines neuen Multilateralismus zu werden.
Präsident Xi hat die BRI zum ersten Mal 2013 während seines Besuchs in Kasachstan erwähnt, aber westliche Regierungen haben dieses beispiellose Entwicklungsprogramm erst auf dem Belt-and-Road-Eröffnungsforum für internationale Zusammenarbeit (BARF) in Peking im Mai 2017 wirklich wahrgenommen. Während viele nichtwestliche hochrangige Teilnehmer, darunter Kasachstans Präsident Nasarbajew, Chinas moderne Seidenstraße als „Jahrhundertprojekt“ rühmten, haben die Europäer und Amerikaner gerade erst begonnen, die Bedeutung und die mögliche Wirkung der BRI zu realisieren. Aufgrund ihres Skeptizismus gegenüber China lehnten sie es ab, die gemeinsame Handelsvereinbarung des BARF zu unterzeichnen.
Xi Jinping bietet … nicht an, die bestehende, globale liberale Ordnung zu erneuern. Stattdessen schlägt er mit der BRI ein alternatives Entwicklungsmodell vor, welches das Potenzial hat, die Plattform eines neuen Multilateralismus zu werden.
Diese ehrgeizigen politischen Agenden werden in einem Schlüsselmoment definiert. Als Präsident Xi sein Amt übernahm, sah er die Notwendigkeit, vom früheren wachstumsstarken, auf das Bruttoinlandsprodukt fokussierten Entwicklungsmodell abzukommen, und sich stattdessen darauf zu konzentrieren, eine von Schulden angetriebene Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen; sich vom schnellen zum qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Wachstum zu verlagern; Armut, insbesondere in den zuvor vernachlässigten ländlichen Regionen des Westens zu lindern und gegen die starke Umweltverschmutzung vorzugehen.
Gleichzeitig war Xi Jinping, wie Professor Carl Minzner betont, mit einem sich ausbreitenden Verfall konfrontiert, mit einem Mangel an Disziplin innerhalb der Kommunistischen Partei, mit ideologischer Polarisierung sowie mit einer Legitimationskrise außerhalb der Partei. Während der ersten fünfjährigen Amtsperiode kämpfte Xi Jinping deshalb also auch mit der weitverbreiteten Korruption, während er die Macht zunehmend auf sich selbst und einige vertraute Mitarbeiter konzentrierte. Die Verschärfung des Parteistaatsapparats und die Reinstallation der „Parteidisziplin“ kennzeichnet ebenfalls Chinas neue Ära. Für Präsident Xi sind eine starke Partei und ein starker Staat unerlässlich, um langfristige Stabilität gewährleisten und jene ehrgeizigen politischen Pläne umsetzen zu können. Der Höhepunkt dieser Verschärfung, die China noch weiter von einer westlichen liberalen Ordnung entfernt, war die Abschaffung der befristeten Amtszeit des Präsidenten.
Während der ersten fünfjährigen Amtsperiode kämpfte Xi Jinping … auch mit der weitverbreiteten Korruption, während er die Macht zunehmend auf sich selbst und einige vertraute Mitarbeiter konzentrierte.
Der Westen sieht diese Entwicklungen unter Xi Jinping mit Skeptizismus, Feindseligkeit und ergeht sich in einem stetigen China-Bashing. Der Economist verurteilte Xi Jinpings starke Führung als eine Rückkehr von „kollektiver Governance“ zur „Alleinherrschaft“ und eine Entwicklung von der „Autokratie zur Diktatur“. Die BRI wird abgeurteilt als Chinas eigennütziger „Marshall-Plan“, da er im Wesentlichen dabei hilft, die unterentwickelten Regionen im Westen zu integrieren, industrielle Überkapazitäten zu kompensieren, zukünftige internationale Märkte zu sichern und die eigene geopolitische Macht in Eurasien und anderen aufstrebenden „Belt-and-Road“-Ökonomien zu behaupten.