Es fehlen staatliche Förderprogramme, beispielsweise Mikrokreditprogramme, die es Frauen in ländlichen Gebieten ermöglichen, von zu Hause aus etwas produzieren, zu verkaufen und so ihr eigenes Geld zu verdienen, denn nicht jede Frau hat die Chance, zu studieren oder in die Stadt zu ziehen.
Wie wirkt sich die Machtübernahme durch die Taliban im Nachbarland Afghanistan auf die Situation der Frauen in Pakistan aus?
Die aktuelle Regierung hegt wenig Sympathien für die Taliban, und auch in der Bevölkerung regt sich Widerstand. Wenn wir über die Taliban reden, denken wir zuerst an die Einschränkung der Frauenrechte – zu Recht, denn wir sehen ja, wie grausam ihre Situation in Afghanistan ist. Aber wir dürfen die männlichen Opfer nicht übersehen, auch sie leiden. Die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat islamistischen Extremisten – auch den sogenannten Pakistanischen Taliban – Aufwind verschafft. Immer wieder kommt es in der Grenzregion im Nordwesten des Landes, einer Hochburg für Extremisten, zu Anschlägen. Sie richten sich hauptsächlich gegen pakistanische Sicherheitskräfte und Polizisten, weil sie jenen Staat verteidigen, den die Extremisten zu bekämpfen versuchen. Der Krieg in Afghanistan und der sogenannte Krieg gegen den Terror haben Pakistan nachhaltig destabilisiert. Unter der fehlenden Sicherheit leiden alle, Männer und Frauen.
Fragen Sie sich manchmal, wie Ihr Leben verlaufen wäre, wenn Sie in Pakistan geblieben wären?
Manchmal denke ich darüber nach, ob es richtig war zu gehen. Pakistan hat mit einem ernsthaften Braindrain zu kämpfen. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt bei 23 Jahren, es gibt einen Überschuss an Fachkräften und zu wenig Jobs. Wenn alle dem Land den Rücken kehren, verbessert sich natürlich auch nichts. Daher versuche ich, von Deutschland aus etwas zur Entwicklung des Landes beizutragen. In dem Unternehmen, das ich 2010 gegründet habe, arbeiten heute festangestellte Mitarbeiter von Karachi aus, remote. Mithilfe von Cloud-Technologien können wir standortunabhängig und länderübergreifend zusammenarbeiten. Das ist eine große Chance, vor allem für die junge Generation im Land, denn nicht jeder hat die finanziellen Mittel, das Land zu verlassen.
Welche Ideen haben Sie von der Vortragsreise mit zurück nach Deutschland genommen?
Mir ist noch einmal bewusst geworden, wie wichtig Frauennetzwerke sind, denn genau diese fehlen in Pakistan. Eine aktive Öffentlichkeitsarbeit und nicht zuletzt eine klare Interessenvertretung gegenüber der Politik sind die Schlüssel zur Stärkung von weiblichem Unternehmertum und die gleiche Teilhabe von Frauen. Netzwerke sind wichtig, auch um von den persönlichen und beruflichen Erfahrungen anderer zu lernen. Daher überlege ich, die Arbeit des Verbands deutscher Unternehmerinnen auf Pakistan auszuweiten, zum Beispiel mit einem digitalen Mentoringprogramm. Es ist wichtig, dass wir uns gegenseitig stärken. Die afroamerikanische Schriftstellerin Toni Morrison hat es einmal gut auf den Punkt gebracht: „When you get these jobs that you have been so brilliantly trained for, just remember that your real job is that if you are free, you need to free somebody else. If you have some power, then your job is to empower somebody else.”
* Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik