Reputation beflügelt internationale Beziehungen
Die Reputation ist eindeutig ein zentrales Element der internationalen Beziehungen nach Corona und muss als solches in die Sicherheitskonzepte integriert werden. Wir sollten in Begriffen der Reputationssicherheit denken: jene Elemente der Sicherheit einer Nation, die sich aus der Bekanntheit in der Welt ergeben, die von den geschäftlichen Vorteilen, die sich aus einer positiven Marke ergeben, bis zum diplomatischen Einfluss reichen können, der gewonnen wird, wenn die Kultur eines Landes über seine Grenzen hinaus bewundert und als relevant angesehen wird.
Soft Power gehört dazu, wird aber eher mit den reichsten und sichtbarsten Ländern in Verbindung gebracht. Wir haben vernachlässigt, welche Auswirkungen es hat, wenn sie ausbleibt. Fehlende Bewunderung von außen kann in ausschlaggebenden Momenten der Krise ein entscheidender Faktor sein. Wäre die Ukraine vom übrigen Europa anders wahrgenommen worden, mit einer Identität, die sich deutlicher von ihrem früheren Status als Staat der Sowjetunion abgrenzt, hätte sie 2014 mehr Sympathie und Unterstützung erfahren.
Für die Länder, die am stärksten durch fragile Staatlichkeit, Korruption oder aggressive Nachbarn gefährdet sind, kann die Kulturdiplomatie entscheidend für die Zukunft sein.
Das gleiche Reputationsdefizit hatte die Tschechoslowakei, als ihre 20 Jahre alte Integrität 1938 von Adolf Hitler bedroht wurde. Der britische Premierminister Neville Chamberlain begründete seine Politik, die Tschechen im Wesentlichen im Stich zu lassen, damit, indem er ihre Krise als „Streit in einem weit entfernten Land zwischen Menschen, von denen wir nichts wissen“ bezeichnete. Für die Länder, die am stärksten durch fragile Staatlichkeit, Korruption oder aggressive Nachbarn gefährdet sind – zum Beispiel der Kosovo – kann die Kulturdiplomatie entscheidend für die Zukunft sein. Sie ist vergleichbar mit dem Ratschlag an potenzielle Geiseln, den Geiselnehmern ihren Namen zu nennen und ein Bild von sich selbst als echte Person mit Eltern/Kindern, Hoffnungen, Träumen und Bedeutung zu erzeugen.
Kulturelles Engagement bietet viele Wege zu einem positiven Ruf. Kunst, Kulinarik, Sport oder Bildung sind allesamt in der Kultur verwurzelt und fallen in den Aufgabenbereich der Kulturdiplomatie. Die Ukraine hat heute – in Anerkennung dessen – in eine erweiterte Kulturdiplomatie investiert, um das Wissen um ihre Besonderheiten nach außen zu tragen. Die Sicherheit des guten Rufs muss jedoch nicht auf das einseitige Drehbuch beschränkt sein. Da sowohl Regionen als auch einzelne Nationen bedroht sind, erscheint es sinnvoll, diese Bedrohungen durch gemeinsame Projekte anzugehen.
Westliche Regierungen haben erkannt, welchen Wert es hat, die kulturelle Entwicklung der Zivilgesellschaft in gefährdeten Gebieten wie der Ukraine, dem Baltikum oder dem westlichen Balkan zu unterstützen. Es ist sinnvoll, Unterstützung im kulturellen Bereich zu einem deutlicher artikulierten Ziel der Außenpolitik zu machen: auf Austausch und Dialog ausgerichtete Projekte, die die Widerstandsfähigkeit und Lebensqualität unserer Nachbarn und Regionen verbessern.