Wandteppiche von Nevin Aladağ hängen an einer weißen Wand. Auf dem Boden davor liegt ein Mann, nur mit einer schwarzen Hose bekleidet.

Vom Nachkriegstrauma zum Europäischen Miteinander

Eine künstlerische Auseinandersetzung mit der aktuellen gesellschaftspolitischen Situation Europas, der Idee einer europäischen Identität und marginalisierten geopolitischen Räumen versucht die Ausstellung „EVROVIZION. Crossing Stories and Spaces“.

Südost- und Osteuropa spielen hierbei eine besondere Rolle. Es sind die sogenannten Halbperipherien – Orte der Vielfalt, die in internationalen Theoriedebatten und Ausstellungspraktiken vernachlässigt werden. Etwa die multiethnische Stadt Sarajevo, wo im Juni 2021 die Premiere von EVROVIZION stattgefunden hat. Die Stadt wurde zum Sinnbild für den Zerfall Jugoslawiens. Während des Krieges in den 1990er-Jahren erfuhr sie eine fast vierjährige Belagerung inmitten Europas. Trotz der Nachkriegstraumata, die die Stadt bis heute durchlebt, hat sich Sarajevo seine multikulturelle Vielfalt bewahrt. Hier wie in anderen Städten stellt sich immer wieder die Frage nach einer europäischen Identität und dem Miteinander unterschiedlicher ethnischer Gruppen.

Gewebter und gestickter Wandteppich. Collage
Foto: Courtesy of the artist
Eine Frau fotografiert mit dem Handy einen Wandteppich
Foto: Marko Ergović, © Muzej savremene umetnosti Vojvodine
Innenraum einer zerstörten Synagoge. Am Giebel sind hebräische Schriftzeichen zu sehen
C-Print, Foto: Courtesy of the artist and Galerie Wilma Tolksdorf
Blick in einen Gebetsraum mit zwei Säulen und einem Kronleuchte. Auf dem Boden Teppiche, im Hintergrund ein grüner Vorhang.
C-Print, Foto: Courtesy of the artist and Galerie Wilma Tolksdorf
Ein leerer muslimischer Gebetsraum. In der weißen Wand eine Gebetsnische
C-Print, Foto: Courtesy of the artist and Galerie Wilma Tolksdorf
Weiße Tapete mit blauen, scheinbar idyllischen Motiven. Sie zeigen aber Vergewaltigungen durch Soldaten.
Druck auf Textiltapete, Foto: Courtesy of the artist
Detail der Tapete mit blauen, scheinbar idyllischen Motiven. Sie zeigen aber Vergewaltigungen durch Soldaten.
Foto: Courtesy of the artist
Zwei Frauen in weißer Bluse und schwarzem Rock sitzen auf einem Bett vor einer Wandtapete mit Strand und Palmen.
Poster-Fotografie, Foto: Hamza Kulenović, courtesy of the artist
Eine Frau sitzt vor einem Teppich. Sie hält eine halbierte Wassermelone auf dem Schoß.
Video-Performance, 10’, Foto: Dinko Hosić, courtesy of the artistst
Weiter Blick in eine Landschaft. Am Ende einer Straße ein blaues Gebäude.
Videoinstallation 14‘50‘‘, Aufnahmen, Schnitt und Ton: Igor Bošnjak, Foto: Courtesy of the artist
Zwei Ausstellungsbesucher blicken auf die Videoinstallation Igor Bošnjak auf einem am Boden liegenden Monitor
Installation in Sarajevo
Auf einem Baugerüst mit drei Ebenen stehen und sitzen Männer mit nacktem Oberkörper und schwarzen Hosen.
Videoperformance und Installation, Novi Sad, Regie: Ivana Ivković, Kamera: Ivan Zupanc, Schnitt: Vladan Obradović, © Ivana Ivković
Drei Männer mit nacktem Oberkörper sitzen auf dem Sims einer Betonwand. In der Nische unter dem Sims ausrangiertes Gerät.
Videoperformance und Installation, Sarajevo, Regie: Ivana Ivković, Kamera: Ivan Zupanc, Schnitt: Vladan Obradović, © Ivana Ivković
Gestapelte Würfel aus Messing. Aus einem der Würfel schaut die Plastik einer Wildkatze aus Kuhkot
Foto: Courtesy of the artist and ChertLüdde Galerie, Berlin

Im Laufe der Tournee wird sich die Ausstellung durch den intensiven Austausch mit der Kunstszene der Region und die Integration neuer künstlerischer Positionen verändern. Ziel ist es, eine offene Struktur zu schaffen, die sich mit den aktuellen gesellschaftspolitischen Anforderungen und den Impulsen der beteiligten Akteur:innen weiterentwickelt. Die Ausstellung wird so zu einer Sammlung vielfältiger Geschichte(n), die unabhängig und gleichzeitig eng miteinander verwoben sind. Gemeinsam bilden sie ein Gesamtnarrativ.

Zur Website der Ausstellung EVROVIZION

Über die Autorinnen
Portrait von Sabina Klemm
Sabina Klemm
Kunsthistorikerin, Kuratorin, Literaturwissenschaftlerin und Kunstvermittlerin

Sabina Klemm ist Kunsthistorikerin, Kuratorin, Literaturwissenschaftlerin und Kunstvermittlerin. Sie studierte Kunstgeschichte und Italianistik an der Universität Stuttgart. Seit 2008 ist Sabina Klemm Projektleiterin der ifa-Tourneeausstellungen. Gemeinsam mit Sanja Kojić Mladenov hat sie das Ausstellungsprojekt EVROVIZION kuratiert.

Portrait von Sanja Kojić Mladenov
Sanja Kojić Mladenov
Kuratorin und Kunsthistorikerin

Sanja Kojić Mladenov ist Kuratorin und Kunsthistorikerin. Sie studierte Kunstgeschichte an der Universität Belgrad und Interdisziplinären Gender Studies an der Universität Novi Sad. Sie forscht über die Themen aktuelle künstlerische Praxis, Neue Medien und Gender. Sanja Kojić Mladenov kuratierte den serbischen Pavillon auf der 54. und den nordmazedonischen Pavillon auf der 59. Venedig Biennale. Das Ausstellungsprojekt EVROVIZION hat sie gemeinsam mit Sabina Klemm entwickelt.