Im Weißen Haus unterzeichneten Premierminister Hoti und Präsident Vučić unter dem „Segen“ von Präsident Trump eine Vereinbarung zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Versprechen, politische Angelegenheiten beiseitezulassen und in die Zukunft zu blicken. Die Anerkennung Israels erfolgte unter der Bedingung, dass sowohl Kosovo als auch Serbien ihre Botschaften nach Jerusalem verlegen. Kosovo hat diesen Schritt unternommen, Serbien nicht.
Die Europäer erwarteten die bevorstehenden freien Wahlen im Kosovo. Das Verfassungsgericht nahm eine Berufung von Kurtis Partei an, weil ein wegen einer Straftat verurteilter Abgeordneter, dessen Immunität nicht aufgehoben worden war, an der Abstimmung gegen Hotis Regierung teilgenommen hatte. Die Entscheidung, die Regierung Hoti zu stürzen, Thaçis Reise nach Den Haag, und die zweiten Wahlen des Landes innerhalb eines Jahres, bescherten Kurti ein Comeback. Bei den Wahlen im Februar 2021 sicherte sich Kurti den Wahlsieg. Mit 50,03 Prozent der Stimmen verliehen ihm die kosovarischen Wähler eine absolute Mehrheit und das Vertrauen, in den kommenden vier Jahren allein zu regieren.
Zum ersten Mal hatte Kosovo einen Premierminister, der allein mit seiner eigenen Partei regieren konnte. Kurtis Versprechungen waren bedeutsam, aber noch größer waren die Hoffnungen der internationalen Gemeinschaft, dass es endlich Fortschritte im Dialog geben würde. Der politische Flügel der UÇK mit Thaçi in Den Haag und Haradinaj in der Opposition war stark geschwächt.
Kurti, ein Veteran der kosovarischen Politik, war Ende der neunziger Jahre ein Anführer der Studentenbewegung. Während des NATO-Bombardements wurde er von Milošević und dem ehemaligen Informationsminister und jetzigen serbischen Präsidenten Vučić verhaftet. 2001 freigelassen setzte er seine politischen Aktivitäten fort, zunächst in der Zivilgesellschaft und dann mit seiner eigenen politischen Gruppierung.
Zum ersten Mal hatte Kosovo einen Premierminister, der allein mit seiner eigenen Partei regieren konnte.
Als radikaler Linker lehnte Kurti das Interimsabkommen für Frieden und Selbstverwaltung im Kosovo ab, das 1999 zu den NATO-Bombardierungen führte, die zivilen Missionen der Vereinten Nationen und der EU im Kosovo (1999-2008) und den Vorschlag des finnischen Präsidenten Ahtisaari, der zur Unabhängigkeit des Kosovo führte. Ein Jahrzehnt lang sah Kurti in der Vereinigung mit Albanien die einzige Lösung für den Kosovo. Als er erkannte, dass die Idee eines Großalbanien nicht realisierbar war, beschloss er 2011, in die kosovarische Parlamentsszene einzutreten. Er verurteilte die Korruption, kritisierte die korrupte politische Elite und die Zugeständnisse an Serbien, gab aber die Idee einer Vereinigung mit Albanien nicht auf.
Zehn Jahre später gewann er die Wahlen für seine Partei „Selbstbestimmung“. Kurti war die lang ersehnte Veränderung für die Bürger des Kosovo und für die internationalen Partner, insbesondere für die deutsche Regierung, die fleißig geholfen hatte, die Stolpersteine auf seinem Weg zur Macht beiseitezuräumen.
Doch nach zweieinhalb Jahren an der Regierung scheint sich Kurti nicht von seinen Vorgängern zu unterscheiden: viele Albaner aus dem Kosovo wandern nach Deutschland aus. Vetternwirtschaft und Korruption herrschen weiterhin, und die Partei dominiert die öffentlichen Institutionen. Während der Sommermonate berichteten kosovarische Medien, dass die Sonderstaatsanwaltschaft gegen fünf Minister der Regierung wegen Korruption und Misswirtschaft ermittelt. Diese Berichte wurden weder von Kurti noch von der kosovarischen Sonderstaatsanwaltschaft widerlegt.
Auf internationaler Ebene haben Gespräche über eine „Normalisierung“ der Beziehungen zwischen dem Kosovo und Serbien Vorrang. Während der serbische Präsident Vučić den westlichen Plan zögerlich akzeptiert, bleiben die Albaner im Kosovo mit Kurti an der Spitze vorsichtig.
Zum ersten Mal in seiner neueren Geschichte sagt der Kosovo „Nein“ zu seinen westlichen Befreiern und Sponsoren. Natürlich nicht offen; ein „Nein“ zu den USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien wäre nicht durchsetzbar. Die Kosovaren hören nur: Kurti sagt „Nein“ zur Selbstverwaltung der Serben im Kosovo. Obwohl sie das Brüsseler Abkommen und das Rahmenakommen von Ohrid zur „Normalisierung“ der Beziehungen zwischen dem Kosovo und Serbien akzeptiert hatten, haben weder Kurti noch Vučić mit ihrer Umsetzung begonnen. Der kosovarische Ministerpräsident begründete dies damit, dass „das Abkommen vollständig umgesetzt werden muss“.
Während der serbische Präsident Vučić den westlichen Plan zögerlich akzeptiert, bleiben die Albaner im Kosovo mit Kurti an der Spitze vorsichtig.
Der serbische Präsident argumentierte, dass „zuerst der Verband der serbischen Gemeinden im Kosovo gebildet werden muss“, dann könnten die anderen Punkte angesprochen werden. Im Mai 2023, nachdem bei Kommunalwahlen in vier Gemeinden mit serbischer Mehrheit nur 3 Prozent der Bevölkerung teilgenommen hatten, beschloss Ministerpräsident Kurti, in diesen Gemeinden zwangsweise albanische Bürgermeister einzusetzen.
Kosovo-Serben werteten das als Provokation. Massive Proteste begannen, die zu Gewalt gegen NATO-Friedenstruppen führten, die als Barriere zwischen den kosovarischen Spezialeinheiten und den gewalttätigen serbischen Demonstranten im Norden des Kosovo stationiert waren.
Der Hohe Vertreter der EU für Außenpolitik, Josep Borrell, und sein Sondergesandter für den Dialog, Miroslav Lajčák, konnten in dieser Situation nicht vermitteln. Die einseitigen Aktionen Kurtis führten daher zur Verhängung von Strafmaßnahmen gegen den Kosovo und damit zu seiner Isolation. Projekte und europäische Hilfen für das ärmste Land des Kontinents wurden eingefroren. Diese Situation und das tragische Spiel, bei dem zum ersten Mal das „Kind des Westens“ gegen diejenigen Staaten rebelliert, die auf die eine oder andere Weise die Geburt dieser Republik ermöglicht haben, führten zu erheblichen politischen Spannungen im Kosovo.
Isoliert und gleichzeitig in eine Reihe korrupter Affären innerhalb seiner Regierung verwickelt, scheint Kurti nicht die Absicht zu haben, seine Politik der „sauberen Hände“ aufzugeben, obwohl die Medien wöchentlich über Missstände in seiner Regierung berichten. Er scheint auch nicht dem Druck nachzugeben, den er weiterhin auf die Medien und die kosovarische Justiz ausübt. Noch schwerer wiegt, dass Kurti sein Versprechen nicht einhalten will, die Spezialkräfte der Polizei und die albanischen Bürgermeister aus Gemeinden mit serbischer Mehrheit im Kosovo abzuziehen und Wahlen in diesen Gemeinden zu organisieren. Zuerst wolle er, dass die „Strafmaßnahmen“ der EU aufgehoben würden, und dann werde er handeln. Die EU scheint nicht bereit zu sein, sich zu bewegen.
Kurti will sein Versprechen nicht einhalten, die Spezialkräfte der Polizei und die albanischen Bürgermeister aus Gemeinden mit serbischer Mehrheit im Kosovo abzuziehen und Wahlen in diesen Gemeinden zu organisieren.
Die Amerikaner scheinen Kurti den Rücken gekehrt zu haben. Es bleibt abzuwarten, ob ein Brief, der von 50 euro-amerikanischen Parlamentariern unterzeichnet wurde, darunter die Leiter der Ausschüsse für auswärtige Angelegenheiten der USA, Deutschlands, Großbritanniens usw., die Situation ändern wird. In dem Brief werden die Staats- und Regierungschefs der genannten Staaten aufgefordert, Serbien nicht als Schlüsselfaktor auf dem Balkan und als Hauptpartner für den Frieden auf dieser Halbinsel zu sehen..
Es ist möglich, dass sich die Außenpolitik der EU und der USA gegenüber Serbien auch nach diesem Brief nicht ändern wird. Die Haltung der USA und des Westens gegenüber Serbien blieb immer unklar, im besten Falle ambivalent. Einerseits galt und gilt das Land als Anwärter auf die Mitgliedschaft in der Europäischen Union und sollte damit theoretisch denselben harten Bedingungen und Anleitungen unterworfen sein, wie alle anderen Beitrittskandidaten.
Andererseits wird Serbien zugestanden, dass es die verheerenden Neunziger Jahre in ein völlig anderes Licht taucht als seine Nachbarländer, dass es die Ergebnisse der Kriege nicht wirklich anerkennt, und dass es im Innern autokratische Verhältnisse pflegt, wie sie in keinem anderen Beitrittsland toleriert würden. Einerseits wird Serbien als Unruhestifter angesehen, andererseits gilt es wegen seiner relativen Größe und strategischen Bedeutung als potenzieller Stabilitätsfaktor.